"Kommt drauf an!"

Filmrecht beim nordmedia Business-Frühstück

Wann sind Ideen, Drehbücher und Filme schutzfähig? Was genau regelt der Verfilmungsvertrag? Welche Art der Nutzung fremder Filmsequenzen deckt das Zitatrecht? Die Rechtsanwältin Dr. Iris Kirchner-Freis nahm die Frühstücksgäste mit auf einen Streifzug durchs Urheber- und Medienrecht.

Am Anfang war die Idee

Autoren sollten wissen, dass nur ein Werk, nicht aber eine bloße Idee Schutz gemäß dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) genießt. Erst wenn etwa eine Filmidee Verkörperung findet in einem Exposee, Treatment oder Drehbuch, liegt auch ein Werk vor. Anders als bei Patenten oder Marken ist das Werk auch ohne Eintragung in ein zentrales Register geschützt. Kirchner-Freis empfiehlt dennoch, das Werk bei einem Notar oder Rechtsanwalt zu hinterlegen, um im Streitfall nachweisen zu können, zu welchem Zeitpunkt das Werk erstmalig vorlag. Erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt das Urheberrecht an einem Werk, für Filmwerke gelten besondere Regelungen.

Vom Drehbuch zum Film

Zunächst verfügt allein der Urheber über das Recht, sein Werk zu verwerten. Da er nach deutschem Recht selbst immer Urheber bleiben wird und das Recht an seiner Urheberschaft nicht übertragen kann, räumt er anderen sogenannte Nutzungsrechte ein. In der Filmbranche schließen Urheber und Filmhersteller dazu Verfilmungsverträge. Entgegen mancher Vermutung verpflichtet sich der Produzent darin keineswegs zur Herstellung des Films. Der Deal lautet: Nutzungsrechte gegen Geld. Die Vergütung erhält der Autor dafür, dass er dem Filmhersteller eine Reihe Nutzungsrechte exklusiv einräumt, zu denen mitunter die Bearbeitungs-, Verfilmungs-, Vorführungs- und Vervielfältigungsrechte zählen. Hinzu kommen meist noch Nebenrechte, die dem Filmhersteller etwa das Merchandising erlauben. Dem eigentlichen Verfilmungsvertrag geht oft ein Optionsvertrag voraus, der dem Filmhersteller die Verfilmungsrechte für einen gewissen Zeitraum reserviert, in dem er das Projekt vorbereitet und die Finanzierung sichert.

Wem gehört ein Film?

Mit dem Film entsteht im Anschluss ans Drehbuch ein weiteres Werk - vorausgesetzt es handelt sich nicht um bloße Laufbilder ohne kreativen Wert. Beim Filmwerk sind viele Menschen an der Schöpfung beteiligt: Kamera- und Tonleute, Beleuchter, Schauspieler, Regie, Produzenten und viele andere tragen alle ihr Scherflein bei. Doch als Urheber gelten nur jene, die einen schöpferischen Beitrag leisten und nicht eine ausschließlich handwerkliche Tätigkeit ausüben. Letztere, zu denen in der Regel Produzenten, Schauspieler und der Kamerastab gehören, können aber Leistungsschutzrechte beanspruchen.

Doch ist in manchen Fällen schwer bestimmbar, ob der Kameramann nur Regieanweisungen befolgt oder durch seine Kameraführung schöpferisch tätig wird. Die Trennung ist nicht immer eindeutig, bestätigt Kirchner-Freis. Ein Schauspieler hingegen, der seine Rolle improvisiert, kann durchaus Urheberrechte an seiner Darbietung in Anspruch nehmen. Sowohl ausübende Künstler als auch Miturheber räumen dem Filmhersteller im Zweifel Rechte ein, ihre Darbietungen und das entstandene Filmwerk umfassend zu nutzen. Er lizensiert es schließlich an inländische Filmverleiher und internationale Filmvertriebe, damit am Ende das Werk auch seine Zuschauer erreicht.

Viele Fragen aus dem Publikum

Nach ihrem Vortrag läutete Iris Kirchner-Freis die große Fragerunde ein und gab viele nützliche Tipps. Wer etwa Stoffe oder Filmmaterial verwerten will, deren Urheber weniger als 70 Jahre tot sind, dem empfiehlt die Rechtsanwältin den Gang zu den Verwertungsgesellschaften oder dem Filmhersteller. Absolut tabu bleibt aber die Nutzung von Material, dessen Urheber unbekannt sind. Zu hoch und unkalkulierbar sei das Risiko, plötzlich doch noch mit Forderungen überzogen zu werden, wenn wider Erwarten Urheber oder deren Erben auftauchen. Filmische Zitate hingegen sind erlaubt, wenn sie der kritischen Auseinandersetzung dienen. Wer Zitate aber nur zur Arbeitsersparnis einsetzt, handelt sich schnell Ärger ein.

Bei der Verfilmung geschichtlicher Ereignisse sollte der Produzent die Erlaubnis der Personen einholen, die wiederzuerkennen sind, rät die Rechtsexpertin - auch wenn derlei Ereignisse nicht dem Urheberrecht unterliegen. Ebenso müssen bei der Nutzung von Gerichtsprotokollen Persönlichkeitsrechte beachtet werden. Wer wiederum Filmszenen aus veröffentlichten Werken nachspielt, egal ob auf der Theaterbühne oder in einem neuen Film, läuft Gefahr, unerlaubte Vervielfältigung zu betreiben.

In dubio pro dubio

Viele Fragen verschließen sich einer pauschalen Antwort und erfordern die fachliche Analyse des Einzelfalls. Vorab jedoch ließ sich sehr zum Bedauern sowohl der Fragenden als auch der Expertin oftmals nur erwidern: „Kommt drauf an!“

Obgleich im Zweifelsfall nur Juristen weiterhelfen können, sollten Medienschaffende über grundlegende Kenntnisse im Urheber- und Medienrecht verfügen. Das hilft ihnen, die eigenen Rechte zu schützen und wahrzunehmen, aber auch die der anderen nicht zu verletzen und damit Ungemach heraufzubeschwören.

Auf Wiedersehen in 2011

Das nächste nordmedia Business-Frühstück findet voraussichtlich am 13. April 2011 im Central-Hotel Kaiserhof in Hannover statt. Details finden Sie in Kürze auf unsere Website. Immer auf dem Laufenden halten Sie außerdem unser Newsletter und der Newsfeed.

Autor: Michael Lange
Fotos: Jörg Lorenz