VFX macht vieles möglich
nordmedia Business-Frühstück zum Thema "visuelle Effekte"
"Meistens ist bei einer Autowerbung kein echtes Auto mehr unterwegs", dies und einiges mehr über die vielfältigen Möglichkeiten digitaler visueller Effekte (VFX) erfuhren die Teilnehmer des nordmedia Business-Frühstücks am 25.04.2013 in Hannover. Referent Marco Del Bianco zeigte sehr anschaulich, was VFX bei der Produktion von bewegten Bildern mittlerweile zu bieten hat. Mit seiner Firma Day for Night, die er 2006 gemeinsam mit Uwe Nagel in Hannover gründete, sammelte er zunächst durch den Einsatz von VFX bei zahlreichen Werbe- und Imagefilmen einen großen Erfahrungsschatz. Seit fünf Jahren ist seine Firma auch mit der Betreuung und Durchführung der visuellen Effekte von Kino- und Fernsehproduktionen beschäftigt.
"Wie erzählt man Norwegen im Winter ohne dahin zu müssen?" Das war die Frage, die sich die Produzenten des Fernsehfilms AM ENDE DIE HOFFNUNG stellten, als sie, so Del Bianco, vor Drehbeginn nicht nur weniger Budget als geplant zur Verfügung hatten, sondern neben Yvonne Catterfeld auch die betagte Hauptdarstellerin Rosemarie Fendel, der eine strapaziöse Reise nicht zuzumuten gewesen wäre. Produzent Frank Kaminski von Jumping Horse Film fand die Antwort, so Del Bianco: den Dreh im "Virtual Backlot", besser bekannt auch als "Greenscreen". Im grün abgehängten und mit Spezialkunstschnee versehenen "Bingo"-Studio von TVN in Hannover entstand ein Drittel des Films. Die norwegischen Winterlandschaft war vorab von einem kleinen Second Unit-Team vor Ort gedreht worden. Yvonne Catterfeld wurde in Norwegen von der Kostümbildnerin gedoublet. Erst nach einer aufwändigen digitalen Postproduktion ergaben die gedrehten Einzelteile das gewünschte Gesamtbild.
Um die Effizienz eines Drehs durch VFX zu steigern, empfehle es sich unbedingt, frühzeitig einen Experten für digitale visuelle Effekte in die Produktionsplanung miteinzubeziehen. Dies unterstrich auch Prof. Uli Plank, der an der HBK Braunschweig Seminare zu diesem Thema gibt. Schon die Wahl der richtigen Kamera sei hier sehr wichtig. Ebenso wie die Auflösung der Szenen, die z..B. von einem Double am Originalmotiv gedreht und im Studio dann mit dem Hauptdarsteller vor "Green Screen" weitererzählt werden. Bei AM ENDE DIE HOFFNUNG verschaffte sich die Produktion dank genauer Planung und der Offenheit des Regisseurs Thorsten Näter die notwendige Unabhänggkeit vom Originalschauplatz. Hier war mit der amerikanischen Firma Stargate zudem noch ein VFX-Experte beteiligt, der seit zehn Jahren in den USA marktführend sei und von dem das gesamte Team viel gelernt habe, erzählte Del Bianco.
Klassiker für den Einsatz von VFX seien vor allem Szenen, die sehr teuer in der Realbildproduktion sind. Dazu gehören z. B. U-Boot-Szenen, Explosionen, Feuer oder Autounfälle. Am Beispiel einer Hubschrauberexplosion, die im Dokudrama VOM TRAUM ZUM TERROR - MÜNCHEN 72 eine Rolle spielt, zeigte Del Bianco, dass die Mischung aus Realbild und VFX ihre Besonderheiten hat. Am Set sei zwar kein Hubschrauber explodiert, aber doch ein echtes kleines Feuer entzündet worden. Für die Postproduktion sei dies sehr wichtig gewesen, denn die Reflexionen des realen Feuers z.B. an Flächen im Bild seien eine Orientierung für die digitalen visuellen Effekte. Am Set selbst stehe deshalb auch der VFX-Umsetzende als Set-Supervisor zur Verfügung.
Ein weiteres klassisches Anwendungsfeld der VFX sind die "Set Extensions": Ein real vorhandenes Set wird um Bilder, Gegenstände oder Hintergründe erweitert. Marco Del Bianco zeigte, wie auf ein einstöckiges Haus mittels VFX weitere Etagen aufgesetzt werden. Damit dies funktioniert, müsse die Kamera, so Del Bianco, bereits beim Dreh genügend geometrische und kontrastreiche Punkte, sogenannte "Tracking Marker" einfangen. Umgekehrt können natürlich auch - z.B. bei Filmen in historischer Kulisse - Gebäude oder Gegenstände in der Postproduktion vom Originalschauplatz entfernt werden.
Zur Zeit arbeitet Del Bianco an einer aufwändigen VFX-Produktion für den nordmedia-geförderten Spielfilm DER BAU von Joachim Alexander Freydank. Die Außenaufnahmen entstanden in einer Grube im Saarland.
Wer noch mehr zum Thema VFX erfahren möchte, hat beim Beyond Hand on HD-Workshop (8. bis 12. Juli) der nordmedia dazu Gelegenheit: Unter der Leitung von Marco Del Bianco wird es einen Kurs zum Thema VFX geben.
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Fotos: Jörg Lorenz