handverlesen
Stipendium 2018/19, Projekt: „Text kommt in Bewegung”
„Gebärdensprache, das hat man schon mal gesehen, im Fernsehen, wenn die Nachrichten in einem kleinen Kasten am oberen Bildrand gedolmetscht werden. Aber Literatur in Gebärdensprache? Die ist im hörenden Literaturbetrieb ebenso unpopulär wie Lyrik und Prosa in der Kulturszene von Gehörlosen.“
handverlesen ist eine mehrsprachige emanzipatorische Literaturinitiative, die Texten in Laut- und Gebärdensprache mehr Bewegungsfreiheit verschaffen will. 2017 haben Franziska Winkler und Katharina Mevissen die Initiative ins Leben gerufen und gemeinsam mit Urs Mader, Simon Wahlers und Cordula Heins das gestalterische Kernteam gegründet. Team-Leaderin Franziska Winkler ist als Tochter gehörloser Eltern aufgewachsen und hat daher einen besonderen Bezug zum Thema. Gemeinsam überträgt das Team mit dem Projekt TEXT KOMMT IN BEWEGUNG Literatur in Gebärdensprache und lässt gehörlose KünstlerInnen zu Wort kommen. Unterstützt werden sie durch die von Gehörlosen geführte Berliner Medienagentur yomma und dem Verbrecher Verlag. Darüber hinaus begleiteten die Bremer Filmemacher Eiko Theermann und Lars Kaempf (vomhörensehen) das Team im Rahmen des Stipendiums, vor allem im Bereich der Konzeption und bei den Vorbereitungen der Dreharbeiten.
Das Projekt TEXT KOMMT IN BEWEGUNG schafft ein neues crossmediales Format, bei dem die Produktion von gebärdensprachlicher Literatur- und Filmmedien im Fokus steht. Es entsteht ein Film mit Buch und ein Buch mit Film, ein Format, das schrift- und gebärdensprachliche, analoge und digitale Medien verbindet. In diesem Buch und Film wird erstmals Literatur in deutscher Gebärdensprache vorgestellt, dokumentiert und aus hörenden und gehörlosen Perspektiven diskutiert. Fünfzehn KünstlerInnen, ÜbersetzerInnen, KulturvermittlerInnen und WissenschaftlerInnen kommen zu Wort und ins Bild.
Im August 2019 wurden mit gehörlosen KünstlerInnen an vier Tagen Gebärdenpoesiefilme in leerstehenden Fabrikhallen im Bremer Stadtteil Woltmershausen/Pusdorf gedreht. Die Filme befinden sich aktuell in der finalen Postproduktion. Parallel dazu werden Printprodukte entwickelt, welche eine Einheit mit dem Film bilden sollen.
Hintergründe zum Projekt
"Wir wollen Bremen als innovativen Kulturstandort für Gebärdensprache, Literatur und Film bereichern.
Als Team haben wir uns in den letzten zwei Jahren auf die künstlerische gebärdensprachliche Medienproduktion spezialisiert. Das crossmediale Film- und Buchprojekt „Text kommt in Bewegung“ lebt aber erst durch die Zusammenarbeit mit gehörlosen Künstlerinnen und Künstlern sowie Filmemacherinnen und Filmemachern, durch das wir Bremen als innovativen Kulturstandort für Gebärdensprache, Literatur und Film bereichern wollen. Es ist für das Verständnis und Gelingen des Projekts absolut zentral, dass Gehörlose im Projekt mitbestimmen und ihre Positionen sichtbar machen.
handverlesen ist eine in Bremen gewachsene Initiative, die im Rahmen des CLOSEUP Bremen Programms das Thema der Gebärdensprachliteratur und -kultur in der Bremer Medienlandschaft noch nachhaltiger etablieren und diese gestalten und nutzen möchte. Durch eine Veranstaltungsreihe der Schwankhalle und des Verbrecher Verlags sind wir auf letzteren aufmerksam geworden. Besonders der Themenschwerpunkt „Feminismus, Körper und Gebärdensprache“, der in Buch und Film vorgesehen ist, greift die Veranstaltungsreihe queens and butches 2018 der Schwankhalle auf, bei der auch der Verbrecher Verlag mit Lesungen präsent war. Inzwischen konnten wir den Verlag für unsere Idee gewinnen, das Buch mit uns zu produzieren und im Verbund mit dem Film in ihr Verlagsprogramm 2020 aufzunehmen. Durch Veranstaltungen und Werbung in Bremen und über Bremen hinaus werden Buch und Film vom Verlag und der Schwankhalle verbreitet. Neben dem wirtschaftlichen Vertrieb des Mediums richten wir somit auch einen überregionalen Fokus auf Bremen als Standort innovativer, crossmedialer und nachhaltiger Filmkunstproduktion."
Weitere Informationen
Team
Franziska Winkler: Projektleitung
Katharina Mevissen: Projektleitung
Simon Wahlers: Gestaltung
Cordula Heins: Illustration
Urs Mader: Regie, Kamera
Links
Foto (c) Benjamin Eichler